Mariss Jansons Künstler des Jahres
Ein fundamentaler Musiker
Längst gehört sein Name zu den klangvollen aus der Gruppe berühmter Dirigenten der Gegenwart. Exemplarische Deutungen der großen Symphonien aller Epochen haben ihn zu einem der bedeutendsten Interpreten von Orchesterliteratur der letzten drei Jahrhunderte werden lassen. Hörer wie Musiker verehren ihn gleichermaßen - dabei ist der gebürtige Lette eine der angenehm unprätentiösen Erscheinungen der Klassikszene. Folgerichtig erhielt Mariss Jansons nun aus den Händen von MIDEM Classique & Jazz Chefin Cornelia Much und klassik.com Redakteur Felix Hilse, stellvertretend für die gesamte Jury der Midem Classical Awards, die Auszeichnung als Künstler des Jahres. Lesen Sie was die 19 Juroren aus 11 Ländern bewog, Mariss Jansons - eine Ausnahmeerscheinung des internationalen Musiklebens - mit diesem bedeutenden Preis zu bedenken.
Sehr verehrter Herr Jansons,
meine Damen und Herren,
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Mariss Jansons muss als Musiker fundamentalster Art bezeichnet werden. Sein künstlerisches Arbeiten ist stets bestimmt vom uneitlen Streben nach überzeugenden musikalischen Antworten, die in enger Zusammenarbeit mit den Musikern eines Klangkörpers entstehen. Die eigene künstlerische Aussage immer vor Augen, verschließt er sich nie dem, was Solisten und Ensembles an Eigenbeiträgen in eine Interpretation auch jenseits des rein spieltechnischen Aspekts einzubringen verstehen. Er verbindet hierbei auf geniale Weise notwendige dirigentische Orchestererziehung im besten Sinne mit fesselnder, energiegeladener Musikalität, der sich Hörer wie Musiker nur schwer verschließen können. Nicht von ungefähr ist Mariss Jansons alljährlich herzlich willkommener und hoch geschätzter Gast an den Pulten aller großen Orchester der Welt.
Die besonderen interpretatorischen Fähigkeiten Mariss Jansons werden einmal mehr eindrucksvoll in seinen Plattenproduktionen des zurückliegenden Jahres dokumentiert. So möchte die Jury mit diesem Preis nicht zuletzt die Fortführung des Jansons’schen Zyklus der Sinfonien Dmitri Schostakowitschs bedenken, der in seiner Stringenz und Ausdrucksvielfalt einzigartig ist. Es ist bemerkenswert, wie Maestro Jansons den verschiedenen, an der Gesamteinspielung beteiligten Orchestern seine klug durchdachten, nie ins oberflächlich Plakative, in die Effekthascherei abdriftenden Interpretationen vermittelt, ohne dabei die individuellen Charakteristika dieser Weltklasseklangkörper aufzugeben. Schostakowitschs Symphonik bleibt hoch politisch, sie ist sarkastisch und lyrisch zugleich, effektvoll doch nie affektiert, doppeldeutig und doch stets aufrichtig.
Auch wenn das Musikjahr 2005 im CD-Repertoire des lettischen Dirigenten ein Nord-Nordosteuropäisch geprägtes war, verbindet sich bei ihm Repertoirebreite mit stilistischer Flexibilität wie bei nur wenigen Künstlerpersönlichkeiten. Die jeweils ersten Sinfonien des Finnen Jean Sibelius und des Engländers Benjamin Britten finden sich hier ebenso, wie Werke Igor Strawinskys, Sergej Rachmaninoffs und Rodion Schtschedrins in jeweils bemerkenswerten, stets musikalische Extreme auslotenden Deutungen, die jederzeit geprägt sind von der hörbaren Lust am Musizieren, von einer vereinnahmenden Ehrlichkeit, von ihrer unverkennbaren Individualität. Dass es sich dabei in der Mehrzahl um Mitschnitte von Konzerten handelt, lässt das Ergebnis noch authentischer, noch beachtenswerter erscheinen. Sie alle tragen die Handschrift des unbestreitbar großen Musikers Mariss Jansons, der für diese außergewöhnlichen künstlerischen Leistungen mit dem Midem Classical Award 2006 als Künstler des Jahres geehrt wird.
Das Gespräch führte Frank Bayer.
(10/2006)
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