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Mittwoch, 29. März 2023

Photo: Wilfried Hösl

Michael Volle über Debüts, langweilige Rollen, Schubladendenken und Sex and the City

"The Star of the Show"


Michael Volle hat Temperament. Der hochgewachsene Bariton macht zurzeit eine internationale Karriere von der andere Sänger nur träumen. Die Kritiker überschlagen sich spätestens seit seinem Erfolg als Beckmesser in Bayreuth in der Meistersinger-Inszenierung von Katharina Wagner. Für die Bayerische Staatsoper, deren Ensemble er seit 2007/08 angehört, ist er ein Glücksgriff. Kein Wunder, wenn man so früh aufsteht: Als ich mich mit dem "Sänger des Jahres" ("Opernwelt" 2008) zu einem Interview im Münchner Nationaltheater verabreden will, kommen seine Nachrichten per SMS regelmäßig zwischen 6.30 - 8.00 Uhr morgens…

Sie scheinen ein Frühaufsteher zu sein…

(lacht) Ich habe meine Frau zum Zug gebracht. Sie ist auch Sängerin.

Und am Tag davor?

Am Tag davor war ich beim Osteopathen, der so begehrt ist, dass er nur noch einen Termin morgens um 7 Uhr hatte. Da ich ganz im Westen von München wohne und er ganz im Osten ist, musste ich kurz vor 6 Uhr aufstehen. Für mich sind die Vormittage die produktivsten Zeiten. Aber ich schlafe sonst schon gern etwas länger. Als meine Töchter noch klein waren, bin ich morgens oft früh aufgestanden.

Nehmen Sie Ihre Töchter öfter mal mit in die Oper?

Sie sind 13 und 16 Jahre alt. Ich habe sie nicht in die Oper getrieben, aber sie haben natürlich einiges gesehen. In Hänsel und Gretel spiele ich den Vater, das lassen sie wahrscheinlich gelten. Sonst beschweren sie sich gerne mal: „Papa, du spielst immer so Schrottrollen. Entweder erschießt du deinen Freund, oder machst irgendeinen Quatsch als Beckmesser…“

Sie haben nach Ihrem enormen Erfolg den ‚Beckmesser‘ in Bayreuth zurückgegeben. Warum?

Ich arbeite auf den Hans Sachs hin. Mir wurde auch bis heute nichts Neues in Bayreuth angeboten, das habe ich nach dem großen Erfolg als Beckmesser eigentlich erwartet.

Was hätte Sie interessiert?

Wolfram im Tannhäuser, Amfortas, der Holländer, die neuen Meistersinger. Es gäbe genug.

War Bayreuth der internationale Durchbruch in Ihrer Karriere?

Bayreuth kam zum absolut richtigen Zeitpunkt, das war perfektes Timing, ohne dass ich es wollte. Die Aufmerksamkeit in den Medien war enorm, weil Katharina Wagner zum ersten Mal in Bayreuth inszenierte und weil es ‚Die Meistersinger von Nürnberg’ waren. Ich habe im Sommer 2007 mehr Interviews gegeben, als in meinem ganzen Leben davor. Aber seit meinem Erfolg in Bayreuth werde ich eigentlich nur noch für das deutsche Fach angefragt.

Also war Bayreuth sowohl Segen als auch Fluch?

International bekomme ich schöne Angebote. Ich hoffe und bin sicher, dass ich auch im italienischen Fach gefallen würde. Mir fehlt das ganze Repertoire, vom Ford und Marcello in ‚La Bohème’ mal abgesehen. Germont, Posa, Scarpia, Iago, Macbeth, Rigoletto möchte ich unbedingt singen, am liebsten in Neuproduktionen. Amonasro mache ich in Covent Garden und an der Bayerischen Staatsoper und hoffe, dass dann ein paar Leute aufwachen.

Sie sind bis 2011 im Ensemble der Bayerischen Staatsoper, bereuen Sie es schon?

(zögert)…Nein. Es hat sich nicht alles so erfüllt, wie es ursprünglich geplant war. Christoph Albrecht hat mich engagiert, und als er sein Amt nicht antrat und Nikolaus Bachler Intendant wurde, wurden viele Pläne nicht realisiert. Albrecht wollte ein Ensemble aufbauen und anhand des Ensembles den Spielplan gestalten, d.h. auf die Wünsche der Mitglieder eingehen. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Man sagt, es sei zu Differenzen mit Nikolaus Bachler gekommen…

Ich sollte mit einer Neuproduktion von ‚Don Giovanni’ anfangen. Das wurde zunächst verschoben und dann unter der neuen Intendanz anders besetzt. Niemand hat ein Anrecht auf eine Rolle, aber Nikolaus Bachler weiß, dass seine Entscheidung ewig zwischen uns stehen wird. An der Bayerischen Staatsoper habe ich seit 2007/08 drei Hauptrollen in Neuproduktionen gesungen, Eugen Onegin, Pentheus in den ‚Bassariden’ und Wozzeck. Ich bin also gut beschäftigt. Im Moment proben wir Palestrina, ich singe den Morone. Eine überschaubare Partie, aber mit sehr schönen Stellen. Aber mir fehlt das große italienische Fach.

Ihr Lehrer Josef Metternich hat beides gesungen…

Er war an der Metropolitan Opera im deutschen Fach sehr erfolgreich. Rudolf Bing hat sein Potential erkannt, und er wurde dort auch ein sehr beachteter Bariton im italienischen Fach. Von den deutschen Sängern hat das eigentlich nur Franz Grundheber geschafft. Das Schubladendenken, besonders, was deutsche Sänger betrifft, muss aufhören.

Wäre das ein Grund, München zu verlassen?

Nein, ich bleibe hier. Ich habe mich entschieden, und daran halte ich mich.

Sie sind das jüngste von acht Kindern einer Pfarrersfamilie aus Württemberg. Suchen Sie die Sicherheit einer Gruppe bzw. eines Ensembles?

Das kann sein, ich bin Schwabe, gehe gerne auf Nummer sicher. In diese psychologischen Tiefen bin ich noch nicht gedrungen. Fest im Ensemble zu sein ist praktisch, aus sozialversicherungstechnischen Gründen etc. Ich würde natürlich nicht mehr an ein kleines Haus gehen. Es gibt auch nicht mehr viele Häuser mit dementsprechenden Verträgen, wo auch?

Würden Sie sich nach 2011 wieder an ein Opernhaus binden wollen?

Das hängt vom Vertrag ab. Ich bin in der glücklichen Lage aussuchen zu können, was ich singen möchte. Ich muss nicht mehr alles annehmen. Im Moment singe ich mit Liederabenden und Konzerten etwa 60 Abende im Jahr. Ich fühle mich sehr jung, habe eine gute Kondition, und die nutze ich sehr gerne aus. In Zukunft möchte ich aber weniger machen und gezielter auswählen.

Heißt das, dass Sie Opfer bringen mussten?

Ich habe keine geregelten Arbeitszeiten, aber das liebe ich. Der Beruf birgt große Gefahren was Beziehungen angeht. Richtig im Ensemble und fest an einem Ort, war ich nur die ersten acht Jahre: Mannheim, Bonn, Düsseldorf. Schon Köln war nicht mehr so. Das hat mir viel Erfahrung und viel Repertoire gebracht, eine positive Routine. In den Jahren seit 1999 in Zürich hatte ich 15-20 Abende, da blieb genug Zeit um zu Reisen. Der Beruf an sich ist intensiv und bedeutet viel Arbeit. Die Balance mit einer Familie zu finden ist nicht leicht.

Welche Bedeutung hat Ihre Familie in Ihrer Karriere gespielt?

Meine Eltern haben mir viel mitgegeben. Das Heranwachsen als Pfarrerskind in Württemberg hat meiner musikalischen Laufbahn enorme Grundlagen bereitet. Dabei war das Singen kein früher Berufswunsch. Ich habe Pädagogik studiert, weil das meine damalige Freundin auch gemacht hat. Im Hauptfach hatte ich Musik, habe noch Bratsche gespielt, und ein bisschen Gesangsunterricht bekommen. Irgendwann musste ich mich entscheiden: Bratsche oder Gesang.

Sie haben sich viel Zeit gelassen, das ist im heutigen Opernbetrieb sehr selten…

Die meisten Jungs sind Spätzünder, ich habe mit 25 angefangen. Erst im SWR Chor, dann habe ich den nötigen Tritt in den Hintern bekommen, wurde Solist in Mannheim. Aber ich musste nie über mein Fach hinaus singen. Dann habe ich Rudolf Piernay kennen gelernt.

Copyright Anne Kirchbach

Rudolf Piernay ist auch der Lehrer von Bryn Terfel, er scheint ein Händchen für Baritone zu haben?

Rudolf Piernay ist nicht unumstritten. Für mich war er genau richtig. Die Mischung aus Josef Metternich, Piernay und meinen eigenen Erfahrungen mit meinem Korrepetitor in Mannheim war perfekt. Ich war natürlich auch naiv. Ich habe das ‚Opernglas’ und die ‚Opernwelt’ gelesen, darin ein Interview mit Bryn Terfel, den ich neben René Pape schon immer grenzenlos bewundert habe. Bryn erzählte, dass er mit Piernay zusammen arbeiten würde und ich dachte mir als blutiger Anfänger: „Aha! Ich bin in Mannheim, gehe zu Piernay und werde so gut wie Bryn!“ Das war meine Rechnung. Sehr vermessen (lacht).

Arbeiten Sie heute noch mit Piernay zusammen?

Ich sehe ihn leider zu selten. Ich werde zwei große Produktionen in Covent Garden machen und sehr viel zu ihm gehen. Ein Lob aus diesem kritischen Mund bedeutet, ich bin auf dem richtigen Weg. Ein Ohr von außen ist wichtig. Er hat auch meinen Wozzeck an der Bayerischen Staatsoper gesehen.

Sie haben für Ihren Wozzeck ausgezeichnete Kritiken bekommen. Bemängelt wurde manchmal, Sie hätten zu früh zu viel von sich gegeben und damit sei eine Entwicklung des Charakters nicht möglich gewesen…

Das habe ich von verschiedenen Seiten gehört, und ich habe darüber nachgedacht. Es ist richtig, dass man nicht zu früh zu viel verpulvern darf. Aber die Geschichte fängt ja nicht erst an. Er kämpft schon die ganze Zeit um sein privates Glück, leidet unter den Demütigungen, dem Missbrauch. Regisseur Andreas Kriegenburg, den ich über alles schätze und ich haben lange gebraucht, um auf der Bühne diese ständige Spannung zu erzeugen. In den Wozzeck muss man enorm eintauchen und das erfordert viel physische Kraft.

Das Anstrengende an einer Rolle ist also nicht unbedingt die Größe der Gesangspartie, sondern die schauspielerische Anforderung?

Zum Teil ja. In den Bassariden in München war ich 100 Minuten auf der Bühne. Es gab nichts, hinter dem man sich verstecken konnte, und diese Spannung über eine so lange Zeit zu halten war heftig. Nach dem Wozzeck brauche ich auch Ruhe, viel mehr als nach dem Beckmesser, der sängerisch viel mehr ist. Den Beckmesser in Bayreuth habe ich leicht weggesteckt.

Die Washington Post schrieb 2008 über Ihre Darstellung als Beckmesser, Sie seien „the star of the show“. Würden Sie sagen: ‚Persönlichkeit hat man oder hat man nicht’?

Den schauspielerischen Anteil einer Rolle zu erfüllen fällt mir heute nicht mehr schwer. Das bedeutet, nicht aus der Rolle zu fallen, die Bewegungen zu koordinieren. Wenn man sich unwohl fühlt oder nicht gut geführt wird, macht man diese beliebigen Operngesten, das finde ich furchtbar. Die Personen sind doch aus Fleisch und Blut.

Es scheint, als würde z.B. in den USA und Deutschland mehr Wert auf die darstellerische Leistung gelegt als beispielsweise in Italien. Sehen Sie das auch so?

Das ist richtig. Die Mitteleuropäer sind anders. Südlich der Alpen geht es vor allem um Gesang, das meine ich ganz wertfrei. Die Ausfüllung der Charaktere bewegt sich in standardisiertem, konventionellem Rahmen. Man schaut böse als Iago, grummelt als Scarpia und dann wird man erstochen. Ich weiß nicht wie es mit asiatischen und slawischen Kollegen ist. Ich finde es gut, dass bei uns mehr Wert auf die Psychologie und Ausformung der Charaktere gelegt wird. Oper ist natürlich Gesang, aber man muss die Personen mit Leben füllen, sonst wird sie langweilig.

Copyright Wilfried Hösl

Das ist auch ein Ziel des modernen Regietheaters. Wie weit würden Sie auf der Bühne gehen?

Prinzipiell gehe ich ganz offen in eine Produktion, auch bei einem Stück, das ich schon gemacht habe. Es entstehen neue Impulse und Sichtweisen. Ich habe beispielsweise drei ‚Eugen Onegin’-Produktionen gemacht, zwei Neuproduktionen und eine Wiederaufnahme mit Willy Decker. Die Decker-Inszenierung hat mir am besten gefallen. Ich bin mit der Münchner Version nicht sehr glücklich, obwohl die Jungs vom Opernballett diese Cowboy-Choreografie klasse getanzt haben und echt nett sind (lacht). Der Ansatz mit der Homosexualität von Tschaikowsky war sehr interessant, auch wenn es nicht Alexander Puschkins Originalidee entsprach. Letztendlich aber war die Produktion nicht gut gearbeitet. Wir haben nur die groben Regieanweisungen erfüllt, die gesamte Feinarbeit stammte von uns.

Würden Sie aus einer Produktion aussteigen, wenn Sie Ihnen nicht zusagt?

Man muss sehr früh eine Grundsatzentscheidung in einem Produktionsprozess treffen: Bleibe ich dabei, oder nicht. Und wenn ich dabei bleibe, dann muss ich es auch erfüllen. Es ist nicht vertretbar, bei der Generalprobe auszusteigen.

Immer mehr Regisseure holen sich ihre Anregungen aus Kinofilmen…

Da fällt mir ein, ich habe ‚Brokeback Mountain’ immer noch nicht gesehen…

Sie entspannen sich im Kino?

Ich bin leidenschaftlicher Cineast, da könnte ich Stunden, Tage zubringen. Wir haben zu Hause eine riesige DVD Sammlung… Filme sind toll.

Welches Genre?

Alles, von den leichtesten Hollywood Schmonzetten wie ‚Vom Winde verweht’ bis hin zu schwierigen Themen, Musicals, oder Serien. ‚Sex and the City’ ist fantastisch!

Sie sind der erste Mann, den ich kennenlerne, der die Serie mag!

Die vier Schauspierinnen sind grandios, das Drehbuch ist ganz toll. Man(n) kann davon viel lernen, und Frauen auch. Ich freu mich schon auf New York. Meine Frau und ich werden eine Woche lang intensiv Carrie Bradshaw verfolgen, von Club zu Club. Den Kinofilm haben wir jetzt schon mehrmals gesehen.

Haben Sie schon Manolo Blahniks gekauft?

Ich hab geguckt, aber in 46 gibt’s keine! (lacht) Dann lieber diese Penthouse Wohnung aus dem Film.

Hat Sie dieses Jahr im Kino etwas besonders begeistert?

Ich war lange nicht mehr im Kino. Ich bin so viel unterwegs, und wenn man den ganzen Tag Proben hat, schaut man doch eher zu Hause. Obwohl das Erlebnis einer großen Leinwand mit einer großen Tüte Popcorn nicht zu ersetzen ist. Ach ja, Essen im Bett ist auch ganz toll.

Schauen Sie sich auch Opern im Fernsehen an?

Wir schauen oft Opern im Fernsehen an, um Sänger oder Stücke kennen zu lernen. Das Liveerlebnis ersetzt das natürlich nicht.

Was sind Ihre wichtigsten Eigenschaften als Opernsänger?

Neugierig sein. Prioritäten setzen um seine Kräfte zu fokussieren. Verantwortungsvoll mit der Gabe, die ich habe, umgehen. Dafür muss ich auch gesund bleiben und meine körperlichen, stimmlichen und mentalen Möglichkeiten pflegen. Es ist ein elitärer, extravaganter und privilegierter Job, den ich auskosten möchte so lange es geht. Ich bin nie 100 % zufrieden. Die Zuschauer zahlen für eine Ware, Sänger sein ist ein Dienstleistungsberuf. Man muss aufpassen, dass man es nicht allen Menschen Recht machen will. Das geht nicht. Und wenn etwas nicht klappt, sollte man nicht zu sehr mit seinem Schicksal hadern.

Das trifft dann auch auf den ‚Don Giovanni’ zu, der Ihnen in München ja versprochen war…

‚Don Giovanni’ ist irgendwie mein Stück, und ich habe es viel zu wenig gemacht. Er unterscheidet sich von meinen anderen Rollen. Der ‚Figaro’-Graf ist auch eine meiner Lieblingspartien. ‚Figaro’ ist wunderschön zu singen, aber von der Entwicklung her mag ich den Grafen viel lieber. Er ist ganz anders als Don Giovanni, viel einfacher gestrickt, fast ein Depp, obwohl ja auch Don Giovanni kaum noch Erfolg bei Frauen hat.

Don Giovanni, Eugen Onegin, Pentheus, Conte Almaviva, Beckmesser - alles arrogante Charaktere. Sie wirken nicht arrogant, aber ist man nicht in den Rollen am Besten, in denen man sich selbst wiederfindet?

Mein Bruder ist Schauspieler, der hat das auch mal gesagt. Wenn man in einer Rolle aufgeht und sich dem Charakter sehr nahe fühlt, dann kommen diese Seiten heraus. Vielleicht ist es die unendliche Lust in Charaktere zu schlüpfen. Ich hab‘ auch schon manchmal überlegt, was es wohl bedeutet, dass der Don Giovanni eine meiner Lieblingspartien ist. Ich wäre auch gern mal der frauenumschwärmte Held, der zum Erfolg kommt, auch, wenn er danach stirbt…

Auf der Opernbühne oder im richtigen Leben?

(lacht) Auf der Opernbühne! Privat bin ich äußerst glücklich! Ich bin kein Frauenheld und kein großer Verführer…und auch kein Tiefenpsychologe.

Wären Sie lieber Tenor?

Ich würde gern mal diese Reaktionen im Publikum auslösen, wenn ein Tenor ein hohes C schmettert, aber das wird nie passieren. Ich löse anderes aus!

Sie sind Mitglied der ‚Liedertafel’, eine heute selten gewordene musikalische Formierung…

Im Wiener Musikverein werde ich mit Kollegen der ‚Liedertafel’ zwei Liederabende singen. Ein Männerquartett aus zwei Tenören, einem Bariton, ein Bass, mit dem Liedertafel-Repertoire von Schubert, Schumann, Mendelssohn oder auch Rossini. Wir haben auch eine CD aufgenommen bei Orfeo. Ein Mann ist toll, aber vier Männer sind noch besser!

Im Konzertbereich singen Sie Barockmusik, haben Sie schon mal über Barockopern nachgedacht?

Händel, z.B. ‚Giulio Cesare’ oder Gluck könnte ich mir vorstellen. Ich habe viele Konzerte gemacht, u.a. mit Frieder Bernius und Philippe Herreweghe, Bach gehört sowieso zu meinen absoluten Lieblingskomponisten. Koloraturen sind Stimmhygiene, man braucht das. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, eine Barockoper zu singen.

Welche Debüts sind geplant?

Ich werde Mandryka (‚Arabella’) im Juni 2010 und Barak (‚Die Frau ohne Schatten’) im November 2010 debütieren. Gunther (‚Götterdämmerung’) kommt an der Metropolitan Opera 2011. Interessieren würden mich auch die Wotane. Der Walküren-Wotan ist heikel. Wenn ich Kollegen gut kenne, frage ich sie manchmal nach ihrer Erfahrung mit bestimmten Partien.

Also wieder viel deutsches Fach?

Ja, und Mozart. Ich möchte nie aufhören Mozart zu singen. Die Musik ist so kostbar. Guglielmo in ‚Così fan tutte’ wäre schön. In München mache ich eine Wiederaufnahme von ‚Le nozze di Figaro’, in Cleveland singe ich es auch. Ich würde auch liebend gerne wieder Papageno singen. Vielleicht kaufe ich mir ein Ensemble und dann mache ich die Zauberflöte selbst!

Gibt es Rollen, die Sie nicht reizen?

Telramund muss nicht sein. Auch Pizarro wäre mir zu langweilig.

Copyright Wilfried Hösl

Hat sich Ihre Stimme in den letzten Jahren verändert?

Meine Stimme hat sich in den letzten Jahren vom Ambitus, der Belastbarkeit und der Färbung entwickelt, die Technik hat sich verfestigt. Ich singe heute Partien, von denen ich früher geträumt habe. Ich konnte meinen ersten Jochanaan in Covent Garden machen, das wäre von ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen. Auch Werke, die ich oft gesungen habe, wie die Winterreise, den Elias, das Weihnachtsoratorium, den Beckmesser oder die drei Eugen Onegins, haben sich verändert. Ich bewältige sie leichter, die Höhe ist strahlender, die Tiefe lockerer, das piano besser, ich habe mehr Kraft und die Umsetzung meiner Ideen gelingt mir heute besser. Ich glaube an einen Lebensplan, hatte viele gute Fügungen, viel Glück und freue mich auf die nächsten Jahre.

Das Gespräch führte Marie-Luise von Baumbach.
(01/2009)

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