
Musikzeitschriften im Portrait: Vivavoce
"Sie suchen eine Assistentin, das bin ich"
Karen Kamensek im Interview mit Kirsten Liese
von Kirsten Liese, aus: VivaVoce Nr. 64
(ungefähr 5 Seiten)
Karen Kamensek wurde 1970 in Chicago geboren, erhielt ihre Ausbildung an der Indiana University und dirigierte bereits in jungen Jahren das Brooklyn Philharmonic Orchestra und beim New York Shakespeare Festival. Ihr europäisches Debüt gab sie 1993 beim Jeunesse musical Festival in Weikersheim. In den Jahren 2000-2002 leitete sie an der Wiener Volksoper u.a. "Don Giovanni", "La Bohème", "Carmen" und "Csardasfürstin". Zahlreiche Engagements führten Karen Kamensek ins In- und Ausland, u.a. an die Opera Australia in Melbourne und die Komische Oper Berlin. Im November vergangenen Jahres debütierte Karen Kamensek an der Frankfurter Oper mit Benjamin Brittens "The Turn Of The Screw". Mit der Spielzeit 2003/04 wird sie Generalmusikdirektorin am Theater Freiburg.
Kirsten Liese: | Karen, wurmt es dich, wenn du ein Orchester leiten sollst, in dem nur wenige Frauen dabei sind? |
Karen Kamensek: | In die Situation werde ich glücklicherweise gar nicht kommen, denn in Freiburg, wo ich jetzt zur Generalmusikdirektorin berufen wurde, sitzen schon viele Frauen im Orchester. |
Kirsten Liese: | Bei den Wiener oder den Berliner Philharmonikern kannst du die wenigen Musikerinnen aber an einer Hand abzählen. |
Karen Kamensek: | Das stimmt auch nicht. Bei den Berlinern hat der Wandel schon vor mehreren Jahren begonnen und in Wien gibt es zwar vorerst nur zwei Frauen im Orchester, aber den Rest erledigt die Zeit. Das ist nur mehr ein Kuriosum, und in der restlichen Musikwelt stellt sich das Problem nicht mehr. |
Kirsten Liese: | Verstehe ich Dich richtig: Frauen und Männer sind mittlerweile im Musikbetrieb weitgehend gleichberechtigt? |
Karen Kamensek: | Was die Orchester betrifft glaube ich weitgehend ja. In meinem Beruf ist es noch nicht so einfach, da müssen wir oft doppelt so gut sein wie ein Mann - zumindest zu Beginn. Du musst doppelt so gut vorbereitet sein, doppelt soviel Energie besitzen, und in einer Probe total wach sein - man muss immer über seine volle Kraft verfügen. Männer können sich mehr Gelassenheit leisten. Die können auch mal weniger gut vorbereitet in eine Probe gehen und irgendwie geht es schon. |
Kirsten Liese: | Nun triffst du ja in Freiburg auf eine Intendantin. Wirst du mit Amelie Niermeyer ein starkes Frauenteam bilden? |
Karen Kamensek: | Es ist scheinbar immer noch etwas Besonderes, dass an einem Haus beide Führungspositionen mit Frauen besetzt sind. Ich habe mich übrigens um diese Stelle nicht beworben - Amelie Niermeyer wollte mich unbedingt haben, und das deckte sich dann auch mit der Meinung der Findungskommission. |
Kirsten Liese: | Werdet ihr euch gemeinsam dafür einsetzen, dass mehr Kappellmeisterinnen und Gastdirigentinnen eine Chance erhalten? |
Karen Kamensek: | Das kommt darauf an, wie gut sie sind. Oberste Priorität hat immer die Qualität in der Musik. Ich will die besten Musiker, egal ob das Frauen oder Männer sind. |
Kirsten Liese: | Dabei hast du am eigenen Leib erfahren, wie schwer es ist als Dirigentin Fuß zu fassen. Den Durchbruch verdankst du deiner berühmten Kollegin Simone Young, die dich ihrem Manager vorgestellt und weiter empfohlen hat. |
Karen Kamensek: | Ich war damals sogar schon kurz davor, mit dem Dirigieren ganz aufzuhören, nachdem ich jahrelang vergeblich versucht hatte, bei irgendeinem Orchester einen Fuß in die Tür zu bekommen. Als ich nicht mehr weiter wusste, habe ich Simone Young kontaktiert und zu ihr gesagt: "Sie brauchen eine Assistentin, das bin ich." Sie war tatsächlich an mir interessiert, hat eine Demokassette von mir angefordert, sich aber drei Jahre Zeit gelassen, mir zu antworten. Als ich schon alle Hoffnungen aufgegeben hatte, kam eine Postkarte von ihr: Wieder hat sie mich vertröstet. Sie stellte mir in Aussicht, ein Jahr später bei ihr zu assistieren. Ich war ziemlich frustriert und sah mich im Geiste schon als Aushilfskraft bei McDonalds enden. Doch das Warten hat sich gelohnt Ich durfte in Bergen, als ihr Manager in der Probe war, auch kurz das Orchester dirigieren und schon drei Wochen später hatte ich eine Empfehlung an die Wiener Volksoper. |
Portrait

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