
Musikzeitschriften im Portrait: Vivavoce
"Der Pauker ist der neunte Kontrabass oder der zweite Dirigent"
Ein Porträt der ersten drei Solopaukerinnen in bundesrepublikanischen Orchestern
von Ulrike Ertle, aus: VivaVoce Nr. 57
(ungefähr 11 Seiten)
"Hau auf die Pauke, Elise" - dieser augenzwinkernde Titel eines Kinderkonzertes der Hamburger Philharmoniker wird ganz allmählich ernst genommen. Der geringe Frauenanteil in klassischen Orchestern ist in den letzten Jahren häufig Gegenstand der Diskussion gewesen; die Vorfälle um Abbie Conant in München und Sabine Meyer in Berlin haben ebenso wie der unverhüllte Sexismus einzelner Klangkörper viel öffentliches Aufsehen erregt. An vielen Orten wird jedoch auch auf eine ausgewogenere Teilhabe von Frauen hingearbeitet. Eine in der Zeitschrift "Das Orchester" publizierte Umfrage bietet hierzu interessantes statistisches Material. So ist in den letzten 20 Jahren nicht nur die Anzahl der Bewerberinnen auf Orchesterstellen gestiegen, sondern auch der Anteil der nach einem Probespiel neu engagierten Frauen hat sich von 26% in der Spielzeit 1980/ auf 45,5% in der Spielzeit 1998/99 beinahe verdoppelt. Insgesamt betrug im Jahr 1999 der Frauenanteil mit 26% etwa ein Viertel aller aktiven Orchestermusiker, mit einer Tendenz zur Erhöhung durch weibliche Neuverpflichtungen (42-46% im Zeitraum der Umfrage). Diese Erhöhung der weiblichen Präsenz durch entsprechende Neuverpflichtungen ist auf die Instrumentengruppen allerdings höchst unterschiedlich verteilt, Spitzendomänen bilden erstens die hohen Streicher und Bratschen mit konstant knapp 60% weiblichen BewerberInnen sowie Neuverpflichtungen und zweitens die Flöten. In diesen beiden Instrumentengruppen ist der Prozentanteil der neu verpflichteten Frauen mitunter sogar höher als derjenige der BewerberInnen. Ein gänzlich anderes Bild bietet sich allerdings bei Blechblasinstrumenten, Schlaginstrumenten und Pauken. Vor allem in den Schlagzeuggruppen müssen Frauen geradezu mit der Lupe gesucht werden (Bewerberinnenanteil 2-7%). Von einer "absoluten Chancengleichheit" im Beruf der Orchestermusiker zwischen Frauen und Männern zu sprechen, scheint also deutlich verfrüht. Auf dem Weg zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen wird weiterhin besondere Sensibilität für Mechanismen sexistisch motivierten Ausschlusses und besondere Anstrengung notwendig sein. William Osborne weist in diesem Zusammenhang besonders auf die Wichtigkeit hin, alle Runden von Probespielen mit Vorhang durchzuführen. Weiterhin schlägt er vor, auf die nur in Orchestern im deutschsprachigen Raum noch übliche Verfahrensweise zu verzichten, von ProbespielkandidatInnen mit der Bewerbung ein Foto zu verlangen; ein Vorgehen, welches (beispielsweise bei abgekürzten Vornamen) die schnelle und einfache Sortierung der BewerberInnen nach geschlechtlichen und auch ethnischen Eigenschaften erlaubt.
Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen