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Musikzeitschriften im Portrait: Vivavoce
Und vom Himmel regnet es Noten
Barbara Heller zum 65. Geburtstag
von Christina Hein, aus: VivaVoce Nr. 59
(ungefähr 6 Seiten)
Ihre Sprache ist die Musik. Gedanken, Notizen, Briefe und Tagebücher formuliert sie in Noten. Ihre Kompositionen dechiffriert sie wie geschriebene Texte, "Meine Güte, man hört ja wie ich mich damals gefühlt habe!" geht ihr nicht selten beim Wiederhören der eigenen Werke durch den Kopf. So prägnant wie ihre Kompositionen sind auch ihre gesprochenen Sätze. Aphoristisch. Sie sagt: "Ich brauche Ruhe und mache Lärm". Oder: "Die Anregung zum Komponieren kommt von innen, aber ausgelöst wird sie von außen. Ich inspiriere mich am Schauen. Um arbeiten zu können, muss ich den Himmel sehen." Und wenn dann der Himmel mal verhangen ist, sehen Barbara Hellers Kompositionen so aus: Die Noten in schweren Wolken gefangen, regnen als feiner Sprühregen hernieder, tropfen sacht auf die fünf Notenlinien für die zweite Stimme.und entfalten eine Melodie, die, Herbstnebel gleich, wieder in den Äther steigt. Es gibt bei diesen grafischen Notationen keine Notenschlüssel" keine Taktangaben, Zeiteinteilungen oder Tempozeichen. Eine Variante von Hellers vielseitiger Ausdrucksweise, die manchen orthodoxen Musiker vor ein Problem stellt.
Wenn es um das Eintreten dieser freien Notation geht, dann wird die kleine, sanftmütige Frau energisch: "Natürlich kann man Noten ohne Takt setzen", schmettert sie allen Skeptikern entgegen, Und sie beweist es. Toleranz den Interpreten gegenüber ist für sie die logische Konsequenz ihres Stils. "Der Interpret soll sich als lebendiges Wesen einbringen", sagt sie. Das Interesse an ihren Kompositionen von vorwiegend jungen Musikern sowie die wachsende Zahl von Liebhabern frei interpretierbarer Musik gibt ihr recht. Jörg-Peter Mittmann vom Detmolder Ensemble "Horizonte" pflegt seinem Publikum vor Heller-Konzerten Erklärungen an die Hand zu geben: "Unsere Improvisationen bergen manchmal auch für uns Interpreten Überraschungen in sich, vielleicht sogar für die Komponistin selbst. Es sind naturgemäß subjektive Ausdeutungen..." Das junge Musik-Ensemble kennt sich mit Barbara Heller aus, hat ernsthaft ihre Biografie, ihre Arbeitsweise ihren Stil, ihr Gesamtwerk studiert. Andere wiederum reizt allein das Neue, die Liberalität. "Ich muss ja alle Freiheiten zulassen", sagt die Komponistin leicht zähneknirschend aber fest entschlossen. Auf dem Vibraphon intoniert, hört sich ihr Regen-Stück für variable Besetzung "II pleut a Paris" sphärisch und irdisch zugleich an. Bei Konzerten ist Barbara Heller mit unübersehbarer Hochachtung vor den Musikern die Erste, die applaudiert. Die Entstehungsgeschichte dieser kleinen Postkartensammlung ? 45 grafische Partituren für ein bis zehn Instrumente, Heller nennt sie "Kartenspiele" ? wirft ein Licht auf ihre von Inspirationen geprägte Arbeitsweise. Eine Arbeitsklausur in Paris sollte der seit über 30 Jahren in Darmstadt lebenden Künstlerin im Herbst 1994 neue Eindrücke vermitteln und eine intensive Zeit des Komponierens ermöglichen. So hatte sich Barbara Heller das ausgedacht, doch die Ernüchterung kam schon bei der Ankunft: Die kleine Wohnung unterm Dach war zwar tres bohemien, doch es passte kein Flügel hinein. Außerdem lag das Quartier auf Zeit in einem Stadtteil, das eine Frau zum Flanieren und Schauen nicht gerade einlud. Vor dem Fenster regnete es Bindfäden. Barbara Heller fing an, ihren Freunden zu schreiben, zu zeichnen. Zu Papier kamen Noten. Es entstanden kleine Kompositionen, ähnlich einer von ihr häufig praktizierten Arbeitsweise, dem akustischen Tagebuch, das sie mit einem Kassettenrekorder führt. "Es waren intuitive Entwürfe für ganz persönliche Mitteilungen", sagt Barbara Heller heute. Inzwischen ist das eigenwillige Werk als grafische Notation ediert und wird fleißig interpretiert. Wieder hatte sich der eiserne Wille dieser schüchtern auftretenden Frau gezeigt, wenn es um ihre Musik geht. Obwohl aus dem Zufall geboren, war sie auch mit diesen Miniaturen ihrer Maxime treu geblieben." Ich würde keinen Ton komponieren, wenn ich nicht wüsste, dass es auch gespielt wird."Portrait

"Man muss das Ziel kennen, bevor man zur ersten Probe erscheint."
Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
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