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Samstag, 3. Juni 2023

[Mozarts Skizzen]

Musikzeitschriften im Portrait: Acta Mozartiana

Mozarts Skizzen

von Ulrich Konrad, aus: Acta Mozartiana Heft 3/4 Dezember 1998

Seite 2

Es gehört zu den Erfahrungen des Historikers, daß er Mythen durch Fakten nicht zu zerstören vermag, ja daß man ihm nicht selten mit Vorwürfen begegnet, wenn er ein schönes Bild mit häßlichen Tatsachen ,ermordet'. Und dennoch: Die zitierte Briefstelle läßt keinen Zweifel daran, daß Mozart skizziert hat, was bedeutet, daß er eben doch beim Entwerfen seiner Kompositionen zu Hilfsmitteln gegriffen hat. Man mag sofort einwenden, eine einzige solche Nachricht sage etwas über den konkreten Fall, nicht aber über die allgemeine Praxis aus. Diesem Einwand wäre stattzugeben, stünde uns nicht eine Fülle von historischen Dokumenten zur Verfügung, die insgesamt selbst den härtesten Skeptiker, wenn nicht restlos überzeugen, so doch zum ernsthaften Nachdenken zwingen muß. Die Dokumente sind doppelter Natur. Eine erste Gruppe ermöglicht die Einsicht in das Enstehen des Mythos vom ,Kopfkomponisten'. Sie besteht aus Zeugnissen der Wirkungsgeschichte Mozarts und rührt von Personen her, die aus einer merkwürdig gemischten, zu gleichen Teilen aufgeklärt-rationalistisch und romantisch geprägten Geisteshaltung heraus an der ,Genialisierung' Mozarts arbeiteten. Als wichtigste Persönlichkeit ist hier Friedrich Rochlitz (1769 - 1842) zu nennen.5 Die zweite Dokumentengruppe führt uns unmittelbar in Mozarts Werkstatt. Es sind darin alle Werkautographen, Skizzen, Entwürfe und Fragmente begriffen, also alle Notenaufzeichnungen, die von Mozart unmittelbar herrühren. Die uns besonders interessierenden Skizzen machen zwar in der Gesamtüberlieferung quantitativ einen eher kleinen Teil aus, aber immerhin sind trotz nachweislicher Vernichtung von Manuskripten nach derzeitigem Stand der Forschung rund dreihundertzwanzig einzelne Skizzen und Entwürfe aus den Jahren 1768 bis 1791 erhalten. Zu zehn Prozent der im Köchel-Verzeichnis aufgeführten Werke kennen wir Skizzenmaterial. Darunter sind die Kompositionen, zu denen es Skizzen gegeben haben muß, nicht erfaßt - beispielsweise Rezitativ und Arie KV 295a, von deren durch Mozarts Brief bezeugten Skizzen keine Spur zu sehen ist.

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