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Musikzeitschriften im Portrait: Österreichische Musikzeitschrift
Ein Pionier der Musikpublizistik in Österreich
Zum Leben und Wirken von Harald Kaufmann (1927–1970)
von Gottfried Krieger, aus: Österreichische Musikzeitschrift 07-08/2010
Seite 2
Die enge Bindung Ligetis war für Graz als Musikstadt von großer Bedeutung. Aber sie blieb nicht die einzige „geistige Kapitalanlage“, wie Kaufmann in anderem Zusammenhang, nämlich anlässlich der Verpflichtung von Pierre Boulez als Kompositionslehrer in Basel voll Anerkennung für die Weitsicht der Schweizer schrieb. Kaufmann hatte eine klare Vorstellung davon, wie ein Musikbetrieb, über den er als Kritiker täglich berichtete, idealerweise aussehen müsste. Nur ein Konzertwesen, das ganz selbstverständlich auch moderne Musik und zeitgenössische Werke von Qualität in seine Programme integriert, verdient es, als lebendig bezeichnet zu werden. Und er hatte eine Vision: Graz möge einst eine Vorreiterrolle in Sachen Neuer Musik einnehmen. Mit einem für einen anerkannten Theoretiker eher außergewöhnlichen Sinn fürs Praktische begann Kaufmann an der Umsetzung zu arbeiten – und das lange vor Gründung von so dezidiert der Avantgarde verpflichteten Einrichtungen wie „forum stadtpark“ oder „steirischer herbst“. Mangels entsprechender Talente vor Ort, bedurfte es dazu seiner Ansicht nach der Mitarbeit der klügsten Köpfe von außen. Bedeutende Komponisten und Musikforscher sollten langfristig an Graz gebunden werden, um auf diese Weise „Vorsorge für das Konzertleben der Zukunft“ zu treffen. Spätestens Mitte der 1960er-Jahre kommt es zu einer Häufung namhafter Gäste, nicht zuletzt dank eines Netzwerkes von einladenden Institutionen, auf das Kaufmann inzwischen zurückgreifen konnte.
Luigi Dallapiccola, den Kaufmanns 1955 in Florenz besucht hatte, kam danach regelmäßig nach Graz: 1956 gab er ein Konzert im Studio für Probleme zeitlich naher Musik; 1965 nahm er die Ehrenmitgliedschaft des Musikvereins für Steiermark entgegen und sprach auch im forum stadtpark; 1969 wurde Dallapiccola Ehrenmitglied der Musikakademie und hielt einen Vortrag am Institut für Wertungsforschung. Pierre Boulez spielte 1957 seine 1. Klaviersonate im Studio für Probleme zeitlich naher Musik und referierte über seine Musik. In den 1960er-Jahren veröffentlichte Kaufmann mehrere Texte von Boulez in den „Monatsblättern des Musikvereins“. 1963 gastierte die Baseler Kompositionsklasse von Boulez im forum stadtpark, im Januar 1968 veröffentlichte Kaufmann einen Aufsatz Boulez’ in der „Neuen Zeit“. Frank Martin, ein in den 1950er- und 1960er-Jahren in Graz vielgespielter Komponist, wurde 1965 Ehrenmitglied des Musikvereins; im forum stadtpark hielt er zudem einen Vortrag. Im April des folgenden Jahres bekam Martin die Ehrenmitgliedschaft der Musikakademie verliehen. Anlässlich dieses Besuches in Graz wurden in Beisein von Kaufmann Pläne für die von Martin dirigierte Aufführung seines Oratoriums Golgotha im Musikverein (Februar 1967) konkretisiert. Theodor W. Adorno, der auf Kaufmann bereits 1958 aufmerksam geworden war – Kaufmann sprach in Wien über Dallapiccola und dessen Oper Der Gefangene –, hielt 1967 den Festvortrag zur Zwanzigjahrfeier der Urania; 1968 kam Adorno nach Erstpublikation des zukunftsweisenden Berg-Buches in Wien nach Graz ans Institut für Wertungsforschung und war auch Kaufmanns Gesprächspartner im Radio. Egon Wellesz (1968) und Ernst Krenek (1969) holte Kaufmann ebenfalls für Gastvorträge ans Institut für Wertungsforschung.
Portrait

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